Wir unterscheiden verschiedene Typen von Zielsuchköpfen:
- Aktiver Radarsuchkopf sendet eigene Radarstrahlen aus, z.B. AMRAAM
- Passiver Radarsuchkopf erfasst gegnerische Radarsignale, z.B. HARM
- Infrarotsuchkopf nutzt Wärmesignaturen für die Zielerfassung, z.B. IRIS T
- Laserzielsuchkopf führt das Geschoss auf ein vom Zielbeleuchter markiertes Ziel, z.B. Hellfire
Schauen wir uns die Aufgaben eines aktiven Radarsuchkopf etwas genauer an. Ab der Zielannäherungsphase nimmt der Radarsuchkopf seine Arbeit gem. nachstehenden Prinzipschema auf.
Die klassische Kette der Radarsignalverarbeitung für alle Arten von Radar umfasst mehrere Schritte, die dazu dienen, aus den empfangenen Radarsignalen die gewünschten Informationen zu extrahieren. Hier ist eine Übersicht der wichtigsten Schritte:
Ein Radarsender erzeugt kurze, leistungsstarke Pulse elektromagnetischer Energie, die i.d.R. moduliert sind, z.B. als Chirp oder mit Phasencodierung, um eine Pulskompression zu ermöglichen. Die Signale werden über die Antenne abgestrahlt, die reflektierten Signale empfangen. Sie werden verstärkt und auf eine niedrigere Zwischenfrequenz herunter gemischt, um sie für die weitere Verarbeitung nutzbar zu machen. Der A/D-Wandler digitalisiert das Signal, der Signalprozessor führt verschiedene Verarbeitungsschritte durch, einschließlich einer Fourier-Transformation. Bei Systemen mit Pulskompression wird das empfangene Signal durch ein angepasstes Filter (Matched Filter) komprimiert, um die Entfernungsauflösung zu verbessern. Eine Doppler-Verarbeitung analysiert die Frequenzverschiebung, um Geschwindigkeitsinformationen des Ziels zu extrahieren. Die Laufzeit des Signals wird gemessen, um die Entfernung zu den Zielobjekten zu berechnen. Signale, die einen bestimmten Schwellwert überschreiten, werden als potenzielle Ziele identifiziert. Unerwünschte Echos von Boden, Meer oder Niederschlag werden gefiltert, mit den adaptiven Schwellwerten des Konstant-Falschalarm-Ratenverfahrens (CFAR) werden Falschalarme minimiert. Eine Mehrfachpuls-Integration kombiniert mehrere Pulse, um das Signal-Rausch-Verhältnis zu verbessern. Bewegte Objekte werden über mehrere Radarumdrehungen verfolgt, z.B. bei Phased-Array-Antennen durch eine elektronische Strahlformung oder beim Synthetischen Apertur Radar (SAR) durch die Bewegung der Radarplattform. Die verarbeiteten Daten lösen schließlich den Effektor aus oder sie werden in geeigneter Form dargestellt, z.B. auf dem Bildschirm eines Überwachungsradars.
Dass bei diesen Schritten Künstliche Intelligenz eine wesentliche Rolle spielt, liegt auf der Hand. KI-Algorithmen können die Pulskompression optimieren, indem sie adaptive Filter entwickeln, die sich an verschiedene Störsignale und Umgebungsbedingungen anpassen. Dies verbessert die Entfernungsauflösung und das Signal-Rausch-Verhältnis. Neuronale Netze können eingesetzt werden, um Doppler-Effekte präziser zu analysieren und Geschwindigkeitsinformationen von Objekten genauer zu extrahieren, selbst in komplexen Szenarien mit mehreren bewegten Zielen. KI-gestützte Beamforming-Techniken können die Strahlformung dynamisch an die Umgebung anpassen und so die Winkelauflösung verbessern und Mehrdeutigkeiten minimieren. Dies ist besonders nützlich für Radarsysteme mit Antennen in MIMO-Technik (Multiple Input Multiple Output). KI kann die SAR-Bildverarbeitung verbessern, indem sie fortschrittliche Bildrekonstruktionsalgorithmen einsetzt, die detailliertere und klarere Radarbilder erzeugen. Maschinelles Lernen kann STAP-Algorithmen (Space-Time Adaptive Processing) optimieren, um bewegte Bodenziele besser von Clutter zu unterscheiden und die Erkennungsrate zu erhöhen. Neuronale Netze können für effizientere Signalrekonstruktion bei Compressive Sensing eingesetzt werden, was die benötigte Datenmenge reduziert und gleichzeitig die Bildqualität verbessert. KI kann adaptive Spektralschätzungsalgorithmen entwickeln, die sich an verschiedene Signalbedingungen anpassen und so Elektronische Gegenmaßnahmen (EloGM) des Gegners neutralisieren.
Die Effektivität von Radarzielsuchköpfen kann aber noch weiter gesteigert werden. Duale Module in Zielsuchköpfen bieten einen entscheidenden Vorteil gegen elektronische Gegenmaßnahmen und bei schwierigen Zielbedingungen. So ermöglicht eine Kombination aus Radar und Infrarot eine höhere Präzision und Widerstandsfähigkeit der Waffe. Wenn Täuschkörper (Metallstreifen oder Wärmestrahler) von Zielobjekten eingesetzt werden, können Dual Mode Radarsuchköpfe zwischen echten Zielen und Störquellen unterscheiden. Gegnerische Radarstörungen können durch sender- und empfangsseitiges Frequenzsprungverfahren minimiert werden. Bei GPS Jamming, d.h. Beeinflussung der Navigationsdaten durch Störsender, hilft Trägheitsnavigation als Backup und gewährleistet eine stabile Kursführung.
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