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Quantenradar – Das Ende der Stealth-Technologie?

Chinesische Forschende haben vor einige Wochen die Serienreife eines vier-kanaligen Halbleiter-Einzelphotonendetektors mit ultralangem Rauschen verkündet. Dieses Bauteil gilt als Schlüsselkomponente für ein mögliches Quantenradar, das ganz neue Detektions- und Überwachungsmöglichkeiten eröffnen könnte.

Ein Quantenradar ist ein neuartiges Radarsystem, das auf den Prinzipien der Quantenmechanik beruht – insbesondere auf Quantenverschränkung und dem Unschärfeprinzip. Im Gegensatz zu herkömmlichen Radaren nutzt es quantenmechanisch korrelierte Photonen, um Objekte präziser zu erkennen – selbst bei starkem Hintergrundrauschen oder Störsignalen. Das Funktionsprinzip – vereinfacht dargestellt:

 

  • Eine Lichtquelle erzeugt zwei miteinander verschränkte Photonenstrahlen, den sog. Signal- und den Idler-Strahl
  • Der Signalstrahl wird in Mikrowellen umgewandelt und auf das Ziel gerichtet
  • Der Idler-Strahl bleibt als Referenz im System gespeichert.
  • Das vom Ziel reflektierte Signal wird wieder in sichtbares Licht zurückkonvertiert und in einem Korrelationsempfänger mit dem gespeicherten Idler-Strahl verglichen.
  • Mithilfe dieses Quanten-Detektionsverfahrens kann das System genau jene Photonen identifizieren, die ursprünglich vom Radar ausgesendet wurden – und damit alle anderen Quellen vollständig herausfiltern.

 

Die Folgen: das „Jamming“ von Radarsignalen wird dadurch wirkungslos, und selbst schwache Rückstrahlungen, wie sie von Tarnkappenflugzeugen, Nebel oder Gewebe kommen, können theoretisch erkannt werden. Auch Hintergrundrauschen, z. B. durch Bodenreflexionen oder Polarlichter verursacht, werden auf diese Weise unterdrückt.

Der Weg zu einem technologisch realisierbaren Prototyp eines Quantenradars erfordert jedoch noch die Lösung zahlreicher Herausforderungen. Nach aktuellen Entwürfen der Quantenbeleuchtung besteht eine zentrale Schwierigkeit in der Handhabung des Idler-Pulses, der idealerweise zeitgleich mit dem reflektierten Signalpuls detektiert werden sollte. Dies würde jedoch eine Quanten-Speichereinheit mit langer Kohärenzzeit erfordern, die mit der Laufzeit des Signals vergleichbar ist. Andere Lösungen können die Quantenkorrelationen zwischen Signal- und Idler-Pulsen so stark beeinträchtigen, dass der Quanten-Vorteil verloren geht. Wird beispielsweise der Idler-Puls in einer optischen Faser zwischengespeichert, verschlechtert dies das System und begrenzt die maximale Reichweite eines Quantenradars auf etwa 11 km – ein theoretisches Limit, nicht eine praktisch erreichbare Distanz, und schon gar nicht im militärischen Umfeld. Alle derzeitigen experimentellen Entwürfe scheinen auf sehr kurze Reichweiten (etwa einen Meter) beschränkt zu sein, was darauf hindeutet, dass potenzielle Anwendungen eher im Bereich der Kurzstreckenüberwachung oder biomedizinischen Bildgebung liegen könnten.

Weitere Einschränkungen bestehen darin, dass aktuelle Quantenradar-Designs nur eine Polarisationsebene, einen Azimut, eine Elevation, eine Entfernung und einen Dopplerbereich gleichzeitig berücksichtigen. Und das Gesamtsystem erfordert permanente Kühlung - der Detektor erreicht bei –120 °C Kühlung ein Dunkelrauschen von rund 100 Hz. Beeindruckend: die erzielte Miniaturisierung reduziert das Volumen auf nur ein Neuntel vorheriger Einkanal-Produkte.

Die Serienreife chinesischer Einzelphotonendetektoren zeigt konkret, dass die Miniaturisierung und die Reduktion des Dunkelrauschens massiv voranschreiten. Diese technologischen Durchbrüche gelten als zentral, um Quantenradare auch außerhalb von Laborexperimenten oder Spezialanwendungen einzusetzen. Um eine breite Anwendung im Feld zu ermöglichen, wird intensiv an der weiteren Miniaturisierung und Integration in kompakte Systeme gearbeitet. Ziel ist es, längere Kühlketten und große Geräte durch effiziente kleine Einheiten zu ersetzen. Fortschritte werden insbesondere bei der Fehlerkorrektur gemacht, etwa durch den Einsatz hybrider Systeme und fortschrittlicher Quantenfehlerkorrekturcodes. Dass dabei Künstliche Intelligenz eine zentrale Rolle spielt, ist selbstverständlich. Die Herstellung der Kernkomponenten, z.B. fortschrittlicher Detektoren, supraleitender Quantenprozessoren, erfordert weiterhin hohe Produktionsstandards und ist sehr kostenintensiv. Die Skalierbarkeit für industrielle Prozesse ist deshalb noch ein langfristiges Ziel. Die Integration in etablierte Überwachungs- und Verteidigungssysteme erfordert zudem Schnittstellenstandards und langfristige Infrastrukturanpassungen. Der wegweisende Einsatz ist daher zunächst in Nischenmärkten zu erwarten. Die zunehmende Verfügbarkeit von Quantenschlüsselverteilung und Quantenrepeatern erhöht auch die Anforderungen an Datensicherheit und Cybersecurity für Quantenradarsysteme.

Fazit: Die Technologie steht 2025 kurz vor einer ersten breiteren Anwendung in der zivilen Kurzstreckenüberwachung und klinischen Bildgebung. Fortschritte in Sensortechnik und Fehlerkorrektur sind entscheidend, um die Herausforderungen bei Reichweite, Robustheit und Kosten mittelfristig zu überwinden. Die Quantenradarentwicklung ist stark international geprägt, weitere Durchbrüche werden in den kommenden Jahren erwartet.

Die Carl-Cranz-Gesellschaft begleitet das Thema bereits seit einiger Zeit mit einer Reihe von anspruchsvollen technischen Seminaren, u.a.

 

 

Seminare zu Quantensensorik und Quantenradar sind in Vorbereitung.

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