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Moderne Wehrtechnik für die Zeitenwende

Elemente der wehrtechnischen Industrie und deren aktuellen Herausforderungen

Die Bundesregierung hat im Dezember 2024 die Nationale Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie veröffentlicht. Darin spielt die Wehrtechnik in Deutschland und bei unseren europäischen und transatlantischen Partnern und Verbündeten eine entscheidende Rolle für die zivile und militärische Sicherheit, vor allem für die Fähigkeit der Bundeswehr, ihre Aufgaben sowohl national als auch im Bündnisrahmen zu erfüllen.

Als Wehrtechnik (auch Militärtechnik, Kriegstechnik oder Verteidigungstechnik) bezeichnet man den technischen Aufbau militärischer Rüstungsgüter.  Sie ist ein wesentlicher Bestandteil von Wehrmaterial und nutzt verschiedene Ingenieurwissenschaften, die die militärische Weiterentwicklung und Nutzung von Technik aus dem zivilen Bereich (z. B. Flug- und Kettenfahrzeuge) oder Spezialentwicklungen, insbesondere von Waffen, zum Inhalt hat. Ebenso bezeichnet werden auch die Verfahren, die sich mit der Entwicklung und Produktion von Militär- und Rüstungsgütern befassen. Einige deutsche Unternehmen vermeiden die nach Militär klingenden Begriffe aus Imagegründen und bezeichnen entsprechende Zweige ihrer Betriebe als Sondertechnik. Die deutsche wehrtechnische Industrie hat eine bedeutende wirtschaftliche und sicherheitspolitische Rolle, die sich mit mehreren Aspekten darstellt.

Die deutsche Rüstungsindustrie erwirtschaftet jährlich mehrere Milliarden Euro Umsatz. Laut aktuellen Schätzungen sind direkt etwa 135.000 Arbeitsplätze in der Branche angesiedelt, indirekt über Zulieferer sogar bis zu 400.000 Arbeitsplätze. Besonders in strukturschwachen Regionen, wo große Standorte wie Rheinmetall, KNDS oder Airbus Defence & Space ansässig sind, trägt die Branche erheblich zur lokalen Wirtschaft bei. 

Die wehrtechnische Industrie ist ein Innovationsmotor, da sie Hochtechnologien in Bereichen wie Sensorik, Künstliche Intelligenz, Robotik und Materialien entwickelt.  Auch viele zivile Technologien, wie das GPS oder das Internet, haben ihren Ursprung in militärischer Forschung. Deutschland gehört zu den weltweit führenden Exportnationen für Rüstungsgüter. Hauptabnehmer sind NATO-Partner und verbündete Staaten. 2022 beliefen sich die deutschen Rüstungsexporte auf über 8,3 Milliarden Euro.  Rüstungsexporte sind politisch umstritten, spielen aber eine Rolle für die Handelsbilanz und internationale Kooperationen. Die Branche trägt maßgeblich zur Verteidigungsfähigkeit Deutschlands, der EU und der NATO bei. Angesichts der veränderten geopolitischen Lage, insbesondere durch den Ukraine-Krieg, steigen die Investitionen in Rüstung und Wehrtechnik erheblich. Die Erfüllung des 2%-Ziels der NATO durch den Anstieg der deutschen Verteidigungsausgaben kurbelt die Nachfrage nach heimischen Rüstungsgütern an. Die Rüstungsindustrie ist oft in nationale Förderprogramme eingebunden. Durch staatliche Aufträge ist sie ein strategischer Bestandteil der deutschen Wirtschaftspolitik. Kooperationen mit europäischen Partnern wie Frankreich und Italien (z. B. beim Kampfpanzerprojekt MGCS oder beim Kampfflugzeugprojekt FCAS) stärken den Wirtschaftsraum Europa. 

Die deutsche Sicherheits- und Verteidigungsindustrie umfasst eine Vielzahl von Unternehmen, die für die Ausstattung der Bundeswehr und anderer  Sicherheitsbehörden verantwortlich sind. Zu den bekanntesten zählen:

  • KNDS Deutschland: bekannt für die Produktion von Panzern und gepanzerten Fahrzeugen, darunter der Leopard 2
  • Airbus Defence & Space: spezialisiert auf Luft- und Raumfahrttechnologie sowie Verteidigungssysteme
  • thyssenkrupp Marine Systems: pezialisiert auf den Bau von U-Booten und Marineschiffen
  • Rheinmetall AG: führend in der Herstellung von militärischen Fahrzeugen, Waffen und Munition
  • Diehl Defence: Anbieter von Lenkflugkörpern und Munition
  • MBDA: Anbieter von Lenkflugkörpern und komplexen Waffensystemen

Neben diesen Großunternehmen spielt der wehrtechnische Mittelstand eine wesentliche Rolle. Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) tragen mit ihrer Innovationskraft und Flexibilität erheblich zur Entwicklung und Produktion spezialisierter Technologien bei, z.B. Quantum Systems und ARX Robotics (Drohnen) oder Helsing (KI). Sie stellen etwa 80 Prozent der fast 200 im Bundesverband der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) organisierten Unternehmen. Die deutsche Wehrtechnik steht aber auch vor zahlreichen Herausforderungen: Die aktuelle Produktionsrate von Wehrmaterialien ist im Vergleich zu anderen Industriezweigen gering. Während die Automobilindustrie täglich über 10.000 Fahrzeuge produziert, liegt die Produktion von Panzern bei weniger als einem pro Woche. Angesichts der sicherheitspolitischen Lage wird ein "Konjunkturprogramm Rüstung" diskutiert, um die Produktionskapazitäten zu erhöhen. Die Verfügbarkeit von Ersatzteilen stellt eine erhebliche Herausforderung dar. Beispielsweise sind viele ukrainische Panzerhaubitzen aufgrund fehlender Ersatzteile außer Betrieb, was die Bedeutung einer robusten und zuverlässigen Lieferkette unterstreicht. Akquise und Sicherung von Fachkräften ist essenziell für die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der wehrtechnischen Fähigkeiten. Die Bundesregierung arbeitet intensiv an Maßnahmen zur Fachkräftesicherung, um den Bedarf der Industrie zu decken. Historisch bedingt gibt es in Deutschland Vorbehalte gegenüber der Verteidigungsindustrie. Die veränderte sicherheitspolitische Lage führt jedoch zu einem Umdenken in der öffentlichen Wahrnehmung und Akzeptanz, und immer mehr Unternehmen erwägen den Einstieg in den Verteidigungssektor.

Die Zukunft der deutschen Wehrtechnik wird durch mehrere Faktoren geprägt. Die neue Nationale Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie legt die politisch-strategischen Rahmenbedingungen für die rüstungsindustriellen Anforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung fest. Ziel ist es, eine dynamische, skalierfähige und innovative Industrie zu fördern, die die Bedarfe der Bundeswehr schnell und verlässlich deckt. Auf dieser Grundlage legt die Bundesregierung die im nachfolgenden Bild gezeigten  Technologiefelder als nationale, europäische und internationale sicherheits- und verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien fest.

Nur eine europäische Zusammenarbeit sichert strategische industrielle Fähigkeiten und sensible Technologien. Initiativen wie "Smart Defence" der NATO und "Pooling and Sharing" der EU zielen darauf ab, Ressourcen zu bündeln und gemeinsame Rüstungsprojekte voranzutreiben. Technologische Innovationen,insbesondere im Bereich der Digitalisierung und Künstlichen Intelligenz, bieten Potenzial für neue wehrtechnische Anwendungen. Die technologieorientierte Zukunftsforschung generiert Entscheidungswissen über wahrscheinliche naturwissenschaftliche und technische Entwicklungen sowie deren potenzielle wehrtechnische und militärische Relevanz.

Neben den industriellen Partnern spielen aber auch noch andere Organisationen eine zentrale Rolle in der deutschen Wehrtechnik: Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) setzt die politischen Rahmenbedingungen und ist Hauptauftraggeber für wehrtechnische Produkte. Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) organisiert  Beschaffung und Nutzung von wehrtechnischem Material, das in den 6 Wehrtechnischen Dienststellen ausgiebig getestet und erprobt wird.

Viele Forschungsinstitute, z.B. die CCG-Schwesterorganisation Deutsch-Französisches Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL), aber auch viele Fraunhofer-Institute, forschen an zukünftigen Wehrtechnologien. Das Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen (INT) führt wehrtechnische Zukunftsanalysen durch und unterstützt bei der Identifizierung relevanter technologischer Entwicklungen. Schließlich vertritt der Bundesverband der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) die Interessen der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie gegenüber Politik und Öffentlichkeit.

Obwohl das von der Bundesregierung beschlossene Sondervermögen löst zwar neue Beschaffungsprogramme aus, schafft aber auch entscheidende Druckpunkte: das Auftragsvolumen steigt, der Personalnachsatz ist jedoch den Grenzen des Fachkräftemangels unterworfen. Ist qualifiziertes Fach- und Führungspersonal einmal gewonnen, so zeigt sich aufgrund der weggefallenen Wehrpflicht und der nicht mehr stark nachgefragten und „gelebten“ Reserveoffizier- bzw. Reserveunteroffizierlaufbahn ein oft nur rudimentäres Verständnis des Personals für Fragen der Verteidigung und die Besonderheiten des Hauptkunden – die Streitkräfte – mit seinen besonderen Prozessen in der Schnittmenge aus SVI und Bundeswehr. Im Umfeld der Carl-Cranz-Gesellschaft sprechen wir von neuen „weißen Jahrgängen“: Eine Bezeichnung, die in Westdeutschland für die Geburtsjahrgänge von 1926 bis 1937 verwendet wurde, weil sie nie zum Wehrdienst in der Bundeswehr herangezogen wurden. Seit 2011 besteht in Deutschland keine Verpflichtung mehr zum Wehrdienst, wodurch neue „weiße Jahrgänge“ entstehen. Die Unkenntnis in militärischen und wehrtechnischen Fragen, auch bei exzellent ausgebildeten MINT-Absolventen, erfordert eine zugeschnittene Lösung zur raschen Heranführung an das Thema und die damit verbundenen komplexen Fragestellungen. Die CCG hat deshalb einen Zertifikatslehrgang Rüstung und Nutzung für diese Zielgruppe entwickelt, um junges Ingenieur- und Führungspersonal sowie High Potentials, die keine Erfahrung mit den Streitkräften, deren Prozessen und Besonderheiten haben, an Unternehmen der Rüstungsindustrie heranzuführen. Auch für erfahrenes Personal, das aus anderen Branchen in die SVI umsteigt, ist dieser Lehrgang bestens geeignet. Sie werden mit dem erforderlichen Fachwissen ausstatten, um sich in den Feinheiten der Verteidigungsindustrie zurechtzufinden und sich bewähren zu können. Das nachfolgende Bild vermittelt eine Übersicht der wesentlichen Details.

Insgesamt umfasst das Seminarprogramm der CCG über 100 technisch anspruchsvolle Trainings für die in der Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie als besonders wichtig identifizierten Schlüsseltechnologien:

Eine kompakte Einführung in die Wehrtechnik bietet das gleichnamige Einführungsseminar, das die CCG beim Deutsch-Französischen Forschungsinstitut ISL durchführt.

Alle Seminare werden im Übrigen auch durch ein Stipendium gefördert, das die CCG und die AFCEA Bonn e.V. für Interessierte anbieten. Details zur Bewerbung finden Sie hier.

 

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