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Air and Missile Defence - Star Wars wird Realität

Seitdem der Autor in 1979 als studierender Offizier sein Praktikum im Bereich Lasertechnik im Deutsch-Französischen Forschungsinstitut Saint-Louis absolvierte, ist viel passiert....

In unzähligen Forschungseinrichtungen wurde und wird untersucht, wie man mit Laserkanonen als vergleichsweise preisgünstige Waffe gegnerische Ziele bekämpfen kann - zu Land, in der Luft und auf See. Mit Erfolg - hier sind einige Beispiele, die bisher in verschiedenen Ländern entwickelt wurden: Die US Navy hat das LaWS (Laser Weapon System) auf der USS Ponce getestet. Es handelt sich um ein schiffsgebundenes Laserwaffensystem zur Verteidigung gegen Drohnen und kleine Boote. ATHENA (Advanced Test High Energy Asset) ist ein weiteres US-amerikanisches Projekt, das von Lockheed Martin entwickelt wurde. Es handelt sich um einen Hochenergielaser, der gegen unbemannte Luftfahrzeuge eingesetzt werden kann. HELMD (High Energy Laser Mobile Demonstrator) ist ein mobiles Laserabwehrsystem, das von der US-Armee entwickelt wurde und bereits erfolgreich gegen Raketen, Artilleriegeschosse und Drohnen getestet wurde.

Israel hat bereits in der Vergangenheit fortschrittliche Verteidigungssysteme entwickelt, darunter Raketenabwehrsysteme wie IRON DOME, Arrow und David'sSling. Mit der Entwicklung von IRONBEAM scheint nun eine Laserwaffe verfügbar, die die bisherige ballistische Flugkörperabwehr im erfolgreichen System IRON DOME ergänzt. IRON BEAM ist speziell darauf ausgerichtet, kleine, unmanövrierbare Drohnen und Artilleriegeschosse abzuwehren. Im Gegensatz zu traditionellen Raketenabwehrsystemen die mit Interzeptorraketen arbeiten, setzt Iron Beam auf einen Hochenergielaser, der auf das Ziel gerichtet durch Überhitzung zerstört oder ausschaltet. Die Idee hinter Iron Beam ist, eine schnelle und kostengünstige Abwehrlösung für Bedrohungen aus der Luft bereitzustellen. Der Laser kann in Echtzeit auf Ziele gerichtet werden und bietet eine präzise und flexible Möglichkeit, Bedrohungen zu neutralisieren. Im April 2022 gaben das israelische Verteidigungsministerium und Rafael Advanced Defense Systems bekannt, dass das System in einer Reihe von Versuchen erfolgreich Drohnen, Raketen, Mörsergranaten und Panzerabwehrraketen abgeschossen hat. Das Militär drängte auf einen früheren Einsatz, möglicherweise aufgrund von Bedenken, dass nicht genügend Iron-Dome-Geschosse zur Verfügung stehen würden, um Angriffe zu bekämpfen. Im Mai 2023 stellte Rafael den Naval Iron Beam vor, der für die Installation auf Schiffen gedacht ist. Das System soll 100kW auf „mehrere Kilometer“ ausstrahlen, um Schiffe vor Drohnenschwärmen und Antischiffsraketen zu schützen. Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel soll das Raketenabwehrsystem Iron Beam nunmehr zusätzlich zum Iron Dome landgestützt eingesetzt werden. Es sei eine unbegrenzte Anzahl an Abschüssen möglich, ohne dass zeitaufwendig nachgeladen werden muss.

Und natürlich sind wir in Europa ebenfalls intensiv zum Thema unterwegs:

Das DragonFire-Laserwaffensystem hat bei einem Versuch auf dem Gelände des UK-Verteidigungsministeriums auf den Hebriden im Januar 2024 den ersten Hochleistungsabschuss einer Laserwaffe gegen Luftziele in Großbritannien erzielt. Der jüngste Versuch, der von den DragonFire-Partnern MBDA, Leonardo und QinetiQ durchgeführt wurde, knüpft an eine Reihe äußerst erfolgreicher Versuche an, darunter der erste statische Hochleistungs-Laserabschuss und die Demonstration der Fähigkeit des DragonFire-Systems, sich bewegende Luft- und Seeziele mit sehr hoher Genauigkeit auf große Entfernung zu verfolgen. Die verwendete  Strahldirektortechnologie bietet ultrapräzise Tracking / Pointing-Genauigkeit und Stabilität über große Entfernungen bei gleichzeitiger Erzeugung einer hohen Laserenergie.

Im Deutsch-Französischen Forschungsinstitut Saint-Louis mit Sitz im Dreiländereck Deutschland, Frankreich und Schweiz untersucht die Gruppe RIM (Radiation Interaction with Matter) die Wirkung von Laserwaffen im Ziel und entwickelt dazugehörige Schutztechniken. Sie verfügt über ein umfassendes instrumentelles und theoretisches Fachwissen auf dem Gebiet der Verteidigungsoptronik, insbesondere im Bereich Laser-Materie-Wechselwirkung.

Frankreich will die Sicherheit seiner Olympischen Spiele 2024 in „Star Wars“-Manier verteidigen. Ein wichtiger Test ist dafür bereits im Juli 2021 geglückt. Das französische Militär hat zum Beweis mit einer Laserkanone der Firma Cilas eine Drohne zerstört. Der Strahl soll eine Million Mal stärker sein als der von QR-Code-Lesegeräten.

Am deutschen Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) in Ettlingen stellt neben der Untersuchung zugrundeliegender physikalischer Zusammenhänge die Konzeption und Realisierung von robusten und kompakten Laserdesigns einen wesentlichen Teil der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit dar. Sie umfasst die kontinuierliche Verbesserung der Hochleistungs-Festkörperlaser, ihre Erweiterung um zusätzliche Funktionalitäten sowie insbesondere die Hochskalierung von Laserausgangsleistung und Pulsenergie. Mit Thulium-dotierten Faserlasern gepumpte Ho3+:YAG-Laser stellen hierfür ein gutes Beispiel dar, wo durch Optimierung der Resonatorgeometrie äußerst kompakte und robuste gepulste Laserquellen mit einer Spitzenleistung von mehr als 1,2MW realisiert werden konnten. Kunden und Partnern ermöglicht das IOSB im Rahmen gemeinsamer Forschungsprojekte die Entwicklung von Lösungen für Applikationen wie LIDAR und Fernerkundung, Kunststoffbearbeitung und medizinischem Materialabtrag bis hin zu Anwendungen im Verteidigungsbereich. Zukünftige Hochleistungs-Laserquellen benötigen optimierte Kristalle mit Versorgungssicherheit. Marktverfügbare kritische Kristalle unterliegen Exportbeschränkungen oder werden den hohen Anforderungen häufig nicht gerecht. Auch zur Erlangung nationaler technologischer Souveränität in diesem Bereich erforscht und entwickelt das Fraunhofer IOSB neuartige kohärente Laserquellen zur Überwindung derzeitiger Grenzen hinsichtlich Leistung und Pulsenergie.

Schauen wir auf die russische Seite: PEREVSET ist ein russisches Hochenergielaser-System, das von den russischen Streitkräften entwickelt und erstmals im März 2018 von Präsident Putin öffentlich erwähnt wurde. Das genaue Einsatzspektrum und die Fähigkeiten von PEREVSET wurden nicht im Detail öffentlich bekannt gegeben, umfassen aber höchstwahrscheinlich die Bekämpfung von unbemannten Luftfahrzeugen (UAV), Zerstörung von Elektronik und Neutralisierung von bestimmten Bodenzielen.

Und schließlich ist davon auszugehen, dass auch die chinesische Volksbefreiungsarmee Laserwaffen entwickelt. Sie umfassen vermtl. Anti-Drohnen-Laser, die darauf abzielen, kleine unbemannte Luftfahrzeuge (UAV), v.a. Drohnen, mit Lasern in niedriger Höhe zu neutralisieren. Es gibt Berichte über chinesische Bemühungen, Hochenergielaser für die Abwehr von Satelliten zu entwickeln. Solche Systeme könnten in der Lage sein, die Elektronik von Satelliten zu stören oder diese sogar zu beschädigen. Darüber hinaus wird vermutet, dass China an der Entwicklung von laserbasierten Waffensystemen für Marineeinheiten arbeitet, die feindliche Schiffe oder Flugzeuge bekämpfen können.


Laserwaffen ergänzen das vorhandene Arsenal ballistischer Flugabwehrsysteme. Zu den Luftverteidigungssystemen, die in der NATO für die Flugkörperabwehr eingesetzt werden, gehören:

1. Patriot: Ein bodengestütztes Luftverteidigungssystem, das von den USA entwickelt wurde und in mehreren NATO-Ländern im Einsatz ist.

2. S300 / S400: Russische Flugabwehrsysteme, die in einigen NATO-Ländern (wie der Türkei) eingesetzt wurden, bevor politische Spannungen zu Fragen bezüglich der Integration in das NATO-Verteidigungssystem führten.

3. MEADS (Medium Extended Air Defense System): Ein gemeinsames Flugabwehrsystem, das von den Vereinigten Staaten, Deutschland und Italien entwickelt wurde.

4. NASAMS (National Advanced Surface-to-Air Missile System): Ein Luftverteidigungssystem, das in mehreren NATO-Ländern verwendet wird, darunter Norwegen, die USA und Spanien.

5. HAWK: Ein älteres, aber immer noch verwendetes Flugabwehrsystem in verschiedenen NATO-Ländern im.

6. THAAD: (Terminal High Altitude Area Defense): mobiles Abwehrsystem für ballistische Raketen in großer Höhe, das von den Vereinigten Staaten speziell für die Abwehr von ballistischen Kurz-, Mittel- und Interkontinentalraketen entwickelt wurde. Das System verwendet sog. kinetische Energie-Interzeptoren, um feindliche Raketen zu zerstören. Es setzt keine Sprengköpfe ein, sondern trifft die feindliche Rakete durch direkten Aufprall.

7. Aegis ist ein fortschrittliches integriertes Waffensystem zur Luft- und Raketenabwehr, das von den Vereinigten Staaten ursprünglich für den Einsatz auf Schiffen der US Navy konzipiert wurde. Es hat sich jedoch im Laufe der Zeit weiterentwickelt und wurde auch in anderen Kontexten eingesetzt.  Aegis ist mit leistungsstarken Radar-Systemen ausgestattet, die es ermöglichen, Ziele in der Luft zu erfassen, zu verfolgen und zu identifizieren. Das AN/SPY-1 Radar, das auf Aegis-Schiffen installiert ist, ist besonders bekannt für seine Fähigkeiten zur Überwachung großer Bereiche. Aegis wird nicht nur auf Schiffen, sondern auch auf bestimmten Landbasen eingesetzt. Es hat sich als ein vielseitiges und leistungsfähiges System erwiesen und wird nicht nur von den Vereinigten Staaten, sondern auch von mehreren Verbündeten weltweit genutzt.


Die Erfahrungen aus dem Ukrainekrieg im Bereich der bodengestützten Luftverteidigung fließen u.a. in die aktuellen Arbeiten von Diehl Defence im Rahmen der European Sky Shield Initiative (ESSI) zum Aufbau eines verbesserten, gemeinsamen europäischen Luftverteidigungs-systems ein. IRIS-T SLM von Diehl Defence ist eines von zwei Systemen, welche Mitgliedstaaten im Rahmen von ESSI koordiniert beschaffen können, zumal es in der Ukraine erfolgreich russische Flugkörper bekämpft.

Mit dem Auftrag zur Entwicklung eines neuen Kurzstrecken-Luftverteidigungssystems (SHORAD) hat Deutschland einen wichtigen Schritt zur Stärkung seiner Luftverteidigungsfähigkeit unternommen. Die Entscheidung, die aufgrund der durch den Ukraine-Konflikt entstandenen Verteidigungslücken getroffen wurde, umfasst eine Investition von rund 1,3 Mrd. EUR. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat das Projekt bereits gebilligt und ein Konsortium aus Rheinmetall, Diehl Defence und HENSOLDT mit der Entwicklung des neuen Systems betraut. Das neue SHORAD-System soll die Truppen auf taktischer Ebene vor Raketen- und Drohnenangriffen sowie vor Tieffliegern schützen, insbesondere im Kampfeinsatz oder auf dem Transportweg. Das System wird sich auf Bedrohungen sowohl aus kurzer (ab drei Kilometern) als auch aus sehr kurzer Entfernung, vor allem durch kleine Drohnen, konzentrieren.

Ein besonderer Aspekt der Flugkörperabwehr sei noch erwähnt: Da die Ukraine bisher keine leistungsfähigen Systeme der elektronischen Kampfführung bekam, entwickelt sie jetzt mit Hochdruck eigene Technik und rüstet massiv nach. Teilweise gelingt es, Navigationssysteme russischer Marschflugkörper zu stören und iranische Shahed-Drohnen abstürzen zu lassen. Flugabwehr mit elektronischer Kampfführung ist zudem viel billiger als extrem teure und langsam produzierte  Lenkflugkörper wie z.B. IRIS-T oder PATRIOT. Beim sog. Jamming wird die Navigation des Waffensystems oder die Verbindung zum Drohnenpiloten gestört. Dann kann entweder eine Drohne übernommen und zerstört oder sicher gelandet und ggf. wiederverwendet werden. Möglich ist auch, den Standort des ursprünglichen Drohnenpiloten zu lokalisieren – um dann zum Gegenschlag auszuholen.


Entwicklung, Produktion, Test und Einsatz moderner Flugabwehrsysteme erfordert die Berücksichtigung einer Vielzahl komplexer Faktoren. Sie umfassen:

1. Frühwarnsysteme: Diese Systeme erkennen den Start von ballistischen Flugkörpern und bieten eine frühzeitige Warnung vor einer möglichen Bedrohung. Dies kann auf Raum- oder bodengestützten Sensoren basieren. Sie analysieren die Informationen von verschiedenen Sensoren, um festzustellen, ob es sich bei einem Start um eine tatsächliche Bedrohung handelt. Sie tragen dazu bei, falsche Alarme zu verhindern.

2. Radare: Leistungsstarke Radarsysteme sind entscheidend für die Erkennung und Verfolgung von ballistischen Flugkörpern während ihres Fluges. Diese Radare ermöglichen es, die Position, Geschwindigkeit und den Kurs der Flugkörper genau zu bestimmen.

3. Satellitenüberwachung: Satelliten können ebenfalls genutzt werden, um ballistische Flugkörper zu verfolgen und zusätzliche Informationen zu liefern, insbesondere in globalen Überwachungsszenarien.

4. Kommando- und Kontrollsysteme koordinieren und steuern die verschiedenen Elemente der ballistischen Flugkörperabwehr, u.a. Attitude Control und Divert / Attitude Control, um eine effiziente Reaktion auf Bedrohungen sicherzustellen.

5. Abfangsysteme: Dazu gehören unterschiedliche #Effektoren, z.B. Abfangraketen, energiebasierte Abwehrsysteme (Hochenergiegeschosse) und Hochenergielaser. Diese Systeme sollen den ballistischen Flugkörper zerstören, bevor er sein Ziel erreicht.

6. Datenverarbeitung und Kommunikation: Eine schnelle und präzise Verarbeitung von Sensordaten (#Multisensordatenfusion) sowie die effiziente Kommunikation zwischen den verschiedenen Komponenten sind entscheidend für den Erfolg eines  Flugkörperabwehrsystems.


Die Carl-Cranz-Gesellschaft e.V. unterstützt Entscheider und Spezialisten, indem sie die vorstehenden technischen Systemaspekte in zahlreichen Seminaren verständlich aufbereitet. Spezialisten von Diehl Defence, MBDA Deutschland, dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik u. Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), Bayern-Chemie (LFK Germany / MBDA Group), Airbus Defence and Space, HENSOLDT, dem ISL u.v.m. geben Ihr Wissen strukturiert und praxisbezogen weiter. Schauen Sie doch mal in unser aktuelles Seminarprogramm - folgende Seminare halten wir für Sie bereit:

 

 

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Bernhard Kuhn, Februar 2024

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